77. Tatasteelchess Wijk aan Zee

Blick in den Spielsaal

Feierbiester

Doorreiken = Tandem

Altmeister Timman gut in Form

Beim Kommentar in der ersten Reihe

Manchmal hat auch Carlsen keine Lust

Burenkool met Worst

Essen aus der Mauer

Hallo liebe daheimgebliebene Schachfreunde. Es ist mal wieder soweit. Das Schachjahr beginnt für mich immer am zweiten Wochenende im Januar in Wijk aan Zee. Da wo sich die Allergrößten (und Schönsten) im Schach tummeln darf ich doch nicht fehlen. Kurz gesagt, es war mal wieder ein wunderbares Wochenende. Diesmal stimmte einfach alles. Die Punkteausbeute der Teilnehmer und die Geselligkeit am Abend. Dazu später mehr.

Die Reisegruppe ist gemischt, was sich daraus erklärt, dass immer mal wieder Freunde mitgenommen wurden, die dann wieder Freunde mitbrachten. Das Urgestein der Gruppe ist Randolf aus Isernhagen. Er hat das Turnier schon in den 70er Jahren besucht. Dazu kamen Michael (auch aus Isernhagen), dann Werner (ich) und Peckus (beide Eldagsen), dann Uwe (SF Hannover), Rainer (vereinslos) und dieses Jahr zum ersten Mal André (Bad Salzdetfurth).

Der Weekendvierkampen (Wochenendvierkampf) lockt die Feierbiester unter den Schachspielern zusammen. Denn ich nehme an, dass an keinem anderen Wochenende des Turniers soviel Leben in der kleinen Gemeinde Wijk aan Zee ist. Das Amateurturnier beginnt Freitagabend und endet Sonntagnachmittag. Wenig Zeit für sehr viel Aktivität. Anreise - Zimmerbezug - Sparmarkt - Einschreibung - Freunde begrüßen - Pommes braun probieren - 1. Runde - Geselligkeit in: de Moriaan, Café de Zon, Whisky Club oder Sonnevanck - wenig Schlafen - Frühstück - 2. Runde - gemeinsames Abendessen - Geselligkeit - wenig Schlafen - Strandspaziergang - Strandpavillion - 3. Runde - Verabschiedung "tot volgende jaar" - Abreise - Grieche in Ibbenbüren - Mitternach ankommen. Montagmorgen raus.

So geht das Progamm im Schnelldurchlauf. Über die Jahre haben wir viele Freundschaften geschlossen. Da ist Anton aus Ravenstein (NL), der mich vor 30 Jahren nötigte einmal etwas Holländisch zu lernen. Oder Ron. Ron ist erfolgreicher Schriftsteller. Er schreibt Thriller. "Höllenfeuer" wurde sogar ins Deutsche übersetzt. Die Truppe aus Venlo mit Niko und Jan-Paul (fehlte diesmal) treffen wir seit Jahren zum Tandem spiel, das in Holland "Doorreiken" heißt. 

Ach ja, da war ja nochwas: Das Großmeisterturnier. Das beginnt jedes Jahr am Samstag. Freitag ist zuviel Trubel für die Großmeister. Die Galerie mit den Siegern ist wirklich eindrucksvoll. Da fehlt nur Fischer, ansonsten hat dort jeder Nachkriegsgroßmeister schon gewonnen. Ich selber habe dort gesehen: Tal,  Karpov, Anand, Carlsen, Kramnik, Ponomariov und natürlich viele andere große Schachnamen wie: Korchnooi, Topalov, Gelfand und unzählige mehr. Mit Hübner hab ich schonmal Tee getrunken, mit Elisabeth Paetz gescherzt und mit van Wely im Restaurant gesessen. 

Ab heute (Mo. 12.1.) bin ich allein hier. Alle anderen sind abgereist und ich spiele noch den "Dagvierkampen" bis Mittwoch. Noch einmal drei Partien. Den anderen habe ich versprochen noch etwas zu berichten, deshab werde ich hier etwas bloggen.

Eines kann ich schonmal berichten. Am Abend spielte van Wely noch gegen den Polen Wojtaschek. Spannendes Spiel. Van Wely hatte für zwei Bauern viel Initiative, aber wenig Zeit. Gespannt verfolgten die Zuschauer die Züge. Doch mit knapper Zeit verfehlen auch die Großmeister die guten Varianten. Wojtaschek bot Damentausch in ein grottenverlorenes Bauernendspiel an - und - ... van Wely schlägt nicht. Es geht noch 40 Züge weiter, bis van Wely im 80. Zug dann einsieht, dass es Remis wird. Kennen wir so etwas nicht alle? Ich kann nur sagen, das live mitzurechnen ist ganz etwas anderes als zu Hause per Internet den live-stream von Fritz vorgeblasen zu bekommen. Ich werde das weiter genießen. Heute abende berichte ich mehr ...

Montag 12.1.15

Heute beginnt der Tag-Vierkampf. 11:00 Einschreibung, 13:30 Start. Ich lauere am Eingang und greife einige Autogramme ab, von Carlsen, Caruana, Ivanczuk, Aronian, Giri und Wojtaszek. Der polnische GM freut sich sichtlich, dass ich ein Autogramm von ihm möchte, aber er wird heute die Sensation schaffen. Gegen ihn verliert der neugebackene Weltmeister seine erste Partie. Für mich läuft es heute auch sehr gut. Ich gewinne in 14 (!) Zügen meine Partie. Viel viel Zeit für den sehr kompetenten und unterhaltsamen Kommentar mit Robert Ris. Alles lacht, als er die Spielweise von Carlsen als "Kaffeehaus-Schach" bezeichnet. Erst mit dem a-Bauern vor, dann mit dem h-Bauern vor. So kann man doch nicht spielen! - Recht hat er. Dann die Partie So - Aronian. Oje. Wie ist Aronian unter die Räder gekommen. Und Ivancuk macht Werbung für das ukainische Schach. Er opfert mal eben einen ganzen Turm und erreicht dafür eine heftig überlegene Stellung. Für mich besonders lehrreich - Aronian und Carlsen spielen mit einer Figur weniger munter weiter. Nix ist es mit ehrenvoll aufgeben. Hier wird geklammert, auch wenn man am Boden liegt. Na ja, aber im Fussball muss man auch weiterspielen wenn man hoch zurück liegt. Morgen Abend bin ich beim Schachklub im Cafe de Zon eingeladen.

Dienstag, 13.01.2015

Heute ist die vierte Runde des Großmeisterturniers und die zweite Runde in meinem Wettkampf. Diesmal war ich nicht so lange im Kommentarraum, denn nach einer übermotivierten Eröffnung musste ich einen verdienten Verlustpunkt einstecken. Bei den Großmeistern lief es heute unspektakulär, bis auf Ivanczuk gegen Vachier-Lagrave. Der Ivanczuk ist in hervorragender Form. Eine Klasse für sich. Und das Beiprogramm: auch unspektakulär. Ich war in Beverwijk und in Alkmaar. Schöne Städtchen, aber grauenhaftes Wetter, Wind und Nieselregen, als würde man abgekärchert. Bestes Schachspielwetter halt. Am Abend gab es ein holländisches Nationalgericht: Burenkool met Worst.

Mittwoch, 14.01.2015

Der letzte Tag in Wijk aan Zee. Die Großmeister haben Ruhetag. Ich spiele heute schnell und entschlossen und gewinne noch einmal. Zweiter Platz. Erfreulich ist, dass ich den früheren Zug für die Rückreise nehmen kann. Im Bus begegne ich noch mal Jan Timman, der wohl den Ruhetag zum Shopping genutzt hat. Auf dem Bahnhof in Amsterdam habe ich noch etwas Zeit und kann typisch holländisch essen. „Eten uit de muur“ (Essen aus der Mauer). Kleine Kläppchen lassen sich gegen Münzeinwurf öffnen. Ich probiere mich durch und entdecke eine neue Krokettensorte. Satekrokett mit Erdnussgeschmack. Adieu Holland, oder wie man hier sagt: tot ziens. Im nächsten Jahr gerne wieder.

Hier endet mein persönlicher Erfahrungsbericht. Wenn ihr weiterhin das Turnier verfolgen wollt dann schau mal auf die offizielle Turnierhomepage: www.tatasteelchess.com