Aussetzer, Zeitnot, Hochspannung und toller Kampfgeist- Alles, was den Schachsport so unvergleichlich macht, konnten wir wie im Brennglas bei diesem schönen Mannschaftskampf erleben. Aber der Reihe nach: Dieter traf auf einen deutlich DWZ-stärkeren Gegner, der seine Angriffschancen im Keim erstickte. Leider stand es nach einer guten Stunde 0:1.
Niklas hingegen sorgte für den Ausgleich. Beide Seiten hatten ihre Figuren in Richtung des gegnerischen Königs gestellt. 1-2 Tempoverluste seines Gegners führten so zu starkem Angriff für Niklas, durch den er einen Bauern und die Qualität gewinnen konnte. Da trotzdem sein Angriff nicht abriss und die gegnerischen Figuren unkoordiniert blieben, gab sich sein Gegner geschlagen.
Man hätte sich gewünscht, dass Dieter etwas von seiner unverbrauchten Bedenkzeit an seinen Brettnachbarn Stefan abgeben durfte. Denn dieser stand zwar – wenn man von einem Blick auf die Schachuhr einmal absah, hervorragend, lehnte ein Remisangebot seines Gegners ab, musste dann aber seiner übergroßen Zeitnot Tribut zollen und verlor.
Ein vergleichbares Missgeschick musste Jürgen verkraften. Er hatte sich gegen seinen Französisch spielenden Gegner einen Mehrbauern und große Raumüberlegenheit erspielt. Auch er nahm das Remisangebot seines Gegners nicht an, doch zwei Züge später riss ihn eine übersehene Springergabel aus seinen Siegträumen.
Dieses Erlebnis teilte er mit mir (Karl Ulrich); denn auch ich hatte in vermeintlicher Gewinnstellung ein gedankenloses Turmschach gegeben – dabei übersah ich, dass der Deckungsbauer des Turms gefesselt war. Aber nach einer „Schrecksekunde“, die in Wirklichkeit einige Minuten dauerte, entdeckte ich, dass ich immer noch Chancen hatte. Mein Gegner „revanchierte“ sich kurz danach mit einem vergleichbaren Patzer und gab auf.
Nun stand es zwar 3:2 für Göttingen, aber der Spielstand der restlichen Bretter ließ noch auf einen Sieg hoffen. In Raymonds Partie gab es ungleiche Rochaden und jeder griff auf seiner Seite an. Raymond beherrschte mit seinem Turm die e- Linie, konnte die gegnerische Dame fesseln und seine Dame gegen einen Läufer opfern. Durch das schöne Familienschach mit seinem Springer bekam er die Dame umsonst zurück und siegte.
Christian hatte sich schon im Vorfeld für den Fall des Damengambits für dessen Annahme entschieden. Er kam sehr solide aus der Eröffnung, auch wenn er viel Zeit verbrauchte, um einen Angriff zu inszenieren. In seiner Zeitnot veropferte sich sein Gegner, Christian konnte schnell die Damen tauschen und hatte im Endspiel mit der Mehrfigur leichtes Spiel.
Nun stand es 4:3 für uns, im letzten Spiel lastete die gesamte Verantwortung auf Siegfried, der zuvor durch ein Versehen einen Bauern eingebüßt hatte und nun in einem Damenendspiel für den Mannschaftssieg ein Remis hätte erreichen müssen (siehe Foto). Er kämpfte in dieser komplizierten Stellung wie ein Löwe, die spätere Computeranalyse zeigte, dass bis zum 77. Zug, also kurz vor Partieende, noch ein Remis drin gewesen war. Nach fast sechsstündigem Kampf musste er sich geschlagen geben.
Fazit: Ein erfreuliches Unentschieden nach schönem Kampf. Und es war sogar noch mehr drin.